Die Wahrheit? Es kommt darauf an. Wissenschaftliche Studien zeigen: Eine Kastration kann Leben retten – oder Risiken erhöhen, je nach Rasse, Alter und Gesundheitszustand¹.
In Deutschland dürfen Sie Ihren Hund nicht „einfach so“ kastrieren lassen. Nach §6 Tierschutzgesetz ist der Eingriff nur erlaubt, wenn ein triftiger Grund vorliegt²:
Medizinische Indikation:
Tumore, Pyometra (Gebärmutterentzündung), Kryptorchismus.
Hormonelles Verhalten:
Hypersexualität, Läufigkeitsstress, hormonbedingte Aggression.
Fortpflanzungskontrolle:
nur in speziellen Fällen, z. B. bei Tierschutzhunden.
👉 Eine „Kastration auf Verdacht“ ist verboten. Oder anders gesagt: Ihr Hund braucht mehr als nur „praktische Gründe“.
Stellen Sie sich vor: Ihre Hündin wird scheinträchtig, baut Kuscheltiere ins Körbchen und verteidigt sie wie Welpen. Klingt süß? Für die Hündin kann es Stress pur sein.
Medizinisch:
Pyometra: eine lebensgefährliche Gebärmutterentzündung. Bis zu 25 % der älteren unkastrierten Hündinnen sind betroffen³.
Mammatumore: Frühkastration (vor der zweiten Läufigkeit) senkt das Risiko erheblich⁴.
Verhaltensbedingt:
Stress durch Läufigkeit oder hormonbedingte Aggression.
Prävention:
Schutz vor ungewollter Trächtigkeit, vor allem im Tierschutz relevant.
Ihr Rüde parkt sich ständig bei läufigen Hündinnen ein, markiert jeden Laternenpfahl im Dreivierteltakt und vergisst beim Spaziergang sogar seinen Namen? Dann könnte es weniger an seiner Erziehung liegen, sondern an Hypersexualität.
Medizinisch:
Hodentumoren (häufigste Tumorart beim Rüden), Prostatavergrößerung, Kryptorchismus⁵.
Verhalten:
Hypersexualität, starkes Aufreiten, hormonbedingte Aggression⁶.
Fortpflanzungskontrolle:
wichtig im Tierschutz, um unkontrollierte Vermehrung zu verhindern.
| Vorteile | Nachteile / Risiken |
|---|---|
| Kein Risiko für Hodentumore (Rüde)⁵ | Osteosarkomrisiko bei großen Rassen steigt⁷ |
| Weniger Pyometra (Hündin)³ | Harninkontinenz bei bis zu 20 % großer Hündinnen⁸ |
| Senkung Mammatumorrisiko bei Frühkastration⁴ | Mastzelltumoren & Lymphome bei bestimmten Rassen⁹ |
| Keine Läufigkeit oder Scheinträchtigkeit | Gewichtszunahme bis zu 40 %, wenn Futter nicht angepasst wird¹⁰ |
| Weniger hormonbedingte Verhaltensprobleme⁶ | Fellveränderungen, v. a. bei roten Fellfarben¹¹ |
👉 Merke: Eine Kastration ist kein Wundermittel, sondern eine medizinische Entscheidung mit echtem Für und Wider.
Hier wird’s spannend: Nicht jeder Hund profitiert gleichermaßen.
Hohe Vorsicht:
Rottweiler, Irischer Wolfshund, Bernhardiner → erhöhtes Osteosarkomrisiko⁷
Viszla → höheres Risiko für Lymphome & Mastzelltumoren⁹
Schottenterrier → Risiko für Blasenkarzinome¹²
Genau hinschauen:
Boxer, Mops → Mastzelltumor-Prädisposition⁹
Schäferhund, Labrador, Golden Retriever → mehr Gelenkprobleme bei Frühkastration¹³
Eher geeignet:
Kleine Rassen wie Dackel, Chihuahua, Malteser → geringere Langzeitrisiken¹⁴
✅ Hat mein Hund eine medizinische Indikation?
✅ Sind Verhaltensprobleme hormonbedingt?
✅ Gibt es bei seiner Rasse besondere Risiken?
✅ Ist mein Hund alt genug, um Spätschäden zu vermeiden?
✅ Habe ich Alternativen (z. B. Suprelorin-Chip) geprüft?
👉 Wenn Sie mehr als zwei Fragen mit „Nein“ beantworten, sollten Sie noch einmal genau mit Ihrem Tierarzt sprechen.
Eine Kastration ist kein „One-Size-Fits-All“-Eingriff. Sie kann Leben retten – oder Probleme schaffen. Wer die Risiken kennt, die Rasse berücksichtigt und offen mit dem Tierarzt spricht, trifft die richtige Entscheidung. Und wenn Sie unsicher sind? Testen Sie beim Rüden den Hormonchip, bevor Sie den endgültigen Schritt gehen⁶.
Kleine Rassen: Eher vor der ersten Läufigkeit.
Große Rassen: Eher nach der ersten Läufigkeit.
Manchmal. Studien zeigen: Nur wenn das Verhalten hormonbedingt ist, bringt es Besserung. Sonst kann es sogar schlimmer werden⁶.
Bei großen Rassen steigt das Risiko für Gelenkprobleme (HD, Kreuzbandriss) und Osteosarkome⁷ ¹³.
Ja – beim Rüden kann der Suprelorin-Chip eine reversible Testphase bieten⁶.
Nein. Nach deutschem Recht nur bei medizinischen Gründen, hormonbedingtem Verhalten oder im Tierschutz².
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